Brief an die Zukunft
Wie entdecken Schüler:innen ihre Interessen?
Das Wichtigste in Kürze
- Was? Jugendliche schreiben an sich selbst einen Brief mit ihren Zielen für das kommende Jahr – und entwickeln einen „Wunschlebenslauf“ für die Zukunft
- Warum? Weil es für Berufsorientierung wichtig ist, eine Zukunftsperspektive zu entwickeln und eigene Stärken zu entdecken
- Was kann ich tun? Nachmachen, mich dazu austauschen
- Wie viel Aufwand? 1 Stunde für den Brief, 1-2 Stunden für den Lebenslauf
- Du willst mehr wissen oder dich mit mir austauschen?
evelyne.foessleitner [at] hotmail.com - Ähnliche Initiativen: Life Design, futureRocka
Anlass. Berufsorientierung ist so viel mehr, als einen Beruf vorstellen. Es ist Persönlichkeitsentwicklung per se: das Entdecken der eigenen Interessen und Stärken, Zukunftsperspektiven entwickeln und sich zu überlegen, womit man eigentlich seine Zeit am liebsten verbringen möchte – und welche Schritte nötig sind, um ein Leben nach den eigenen Vorstellungen zu führen.
Umsetzung. Im Rahmen der Berufsorientierung und verschränkt mit dem Deutschunterricht haben meine Schüler:innen am Ende des Schuljahres einen Brief an sich selbst in einem Jahr geschrieben, in dem sie sich selbst schreiben, was sie erlebt, gelernt und geleistet haben wollen in diesem Jahr, worauf sie stolz sind und welche Fragen sie in diesem Moment beschäftigt haben, wie sie Probleme und Schwierigkeiten meistern wollen… Diese Briefe habe ich dann jeweils immer ein Jahr später in den Postkasten geworfen. Darüber hinaus haben sie neben einem aktuellen Lebenslauf auch einen “Wunschlebenslauf” geschrieben mit allen Ausbildungen, Skills, Berufen, Zwischenstationen, die sie in 10 Jahren in ihrem Lebenslauf stehen haben möchten. Das war der Anlass für Gespräche, was sie dafür brauchen werden und welche Schritte sie dafür setzen wollen und konnten ein stärkenorientiertes Mindset entwickeln.
Freude gemacht. Dadurch haben im Laufe der letzten Jahre ca. 50 Jugendliche profitiert, indem sie sich bewusst geworden sind, wo ihre Stärken liegen, was sie gut können, wo und was sie noch lernen müssen/wollen/dürfen und eine Perspektive für ihr Leben entwickeln konnten – wissend, dass sich diese ändern kann (und wird) und dass das auch ok ist.
Dankbar. Es war immer sehr bewegend, diese Stunde einfach mitzuerleben und die Jugendlichen auf dieser Reise zu sich selbst zu begleiten, wenn die plötzliche Lust zum Schreiben auch beim größten Schreibmuffel aufgekommen ist, nachdem eine halbe Stunde kein Plan im Kopf war, wie das eigene Leben aussehen könnte und dann doch auf einmal ein Bild aufgetaucht ist, was man mit dem eigenen Leben anfangen will.
Wirkung: Von den Schüler:innen kamen und kommen noch immer die Rückmeldungen, dass sie diese Briefe an sich selbst und ihre Wunschlebensläufe oft motivieren, auch in schwierigen Situationen dranzubleiben und zu wachsen, weil sie stolz auf das sind, was sie bereits erreicht haben und wissen, dass sie so viel schaffen, bewegen und erreichen können, wenn sie sich und ihren Fähigkeiten vertrauen, sie einsetzen und dadurch ihre Selbstwirksamkeit erfahren können.
Aufwand:
1 Stunde für den Brief, 1-2 Stunden für den Lebenslauf. Was man braucht: Papier und Briefkuverts (gibt es in jeder Schule im Sekretariat) und Laptops für alle (sollten auch schon alle haben). Und einen Termin im Kalender ein Jahr später eintragen mit dem Vermerk, wo man die Briefe in der Zwischenzeit aufbewahrt.
Woran es scheitern könnte: Zu wenig Zeit und Raum für diesen Prozess haben und geben – Druck hemmt! Mut zur Lücke hilft dabei – ich bin überzeugt, dass es deutlich mehr zur individuellen Potentialentfaltung beiträgt, wenn man fragt, womit man am liebsten den Großteil der Zeit verbringen möchte in Zukunft, anstatt die AMS-Berufliste auswendig lernen zu lassen, von denen es viele in Zukunft wahrscheinlich gar nicht mehr gibt…
Was ist entscheidend? Raum und Zeit geben und auf Augenhöhe mit den Jugendlichen reden, sie ernst nehmen mit ihren Wünschen und Bedürfnissen! Man muss nur zurück denken an die eigene Jugendzeit, wenn “absurde” Berufswünsche mit einer abwertenden Geste einfach weggewischt wurden.
Tipp: Wenn sich junge Menschen ihrer Einzigartigkeit, ihrer Stärken und Interessen bewusst werden, finden sie oft ganz allein realistische (!) Perspektiven für ihr weiteres Leben und werden selbst wirksam. Sie brauchen dazu einfach Rückhalt und einen Erwachsenen, der an sie glaubt.
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